Das Orakel von Bonn
Über den Nutzen von Zukunftsprognosen
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Aber auch ernsthafte und nach wissenschaftlichen Methoden erstellte Zukunftsprognosen bieten keine Gewähr dafür, daß sie auch tatsächlich eintreten. So ließ sich beispielsweise die Nutzung der Kernfusionstechnik zur Energiegewinnung, die 1963 von Wissenschaftlern der Rand Corporation für das Jahr 1985 vorhergesagt wurde, nicht verwirklichen. Hingegen hatte kaum jemand mit dem schnellen Zusammenbruch des Sowjetreiches gerechnet oder mit der rasanten Entwicklung von Informationstechnologien wie dem Internet.

Wie die Zukunft letztendlich aussehen wird, kann heute niemand mit Bestimmtheit sagen. Sie hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sich gegenseitig beeinflussen. Insofern scheint die Erstellung einer Studie allein zum Zwecke der Auseinandersetzung mit verschiedenen Zukunftsszenarien durchaus legitim zu sein. Manche Vorhersagen beeinflussen nämlich die Realität. Das können dann selbsterfüllende oder auch selbstzerstörende Prognosen sein.

So hat beispielsweise der Bericht "Die Grenzen des Wachstums" an den Club of Rome aus dem Jahre 1972 einen Bewußtseinswandel bei großen Teilen der Bevölkerung hervorgerufen. Als Folge der Kritik am ungebremsten Wirtschaftswachstum, der Ausbeutung der Resourcen und der Umweltverschmutzung wurden in vielen Industrieländern Maßnahmen ergriffen, um die drohende Katastrophe abzuwenden und die beschriebenen Szenarien nicht Wirklichkeit werden zu lassen.

Visionen beeinflussen Entwicklungen

Nach dem konkreten Nutzen von Delphi-Studien gefragt, äußert sich Vivian Haag, in der japanischen Botschaft in Bonn für den Bereich Wirtschaft zuständig, zu den japanischen Erfahrungen: "Das Verfahren wird dort bereits seit vielen Jahren als Mittel der Technikvorausschau eingesetzt. Der Einfluß der Ergebnisse auf die Industrie läßt sich zwar nicht nachweisen, sie sind allerdings fester Bestandteil der politischen Planung."

Bernd Meier, Referent am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, bescheinigt DelphiŽ98 eine "hohe Relevanz für Forschung und Entwicklung, für Wirtschaft und Gesellschaft". Inwiefern sich die Ergebnisse in der deutschen Wirtschaft niederschlagen, kann er allerdings nicht beurteilen. Norbert Gelse, Pressesprecher von Hewlett-Packard Deutschland und Leiter der Unternehmenskommunikation, relativiert den Nutzen der Delphi-Untersuchung für sein Unternehmen: "Hewlett-Packard greift auf unterschiedliche Informationsquellen zurück, beispielsweise auf Verbands- und Kundenkontakte. Eigene Szenarien werden vor allem in Bezug auf weltweite Zielmärkte entwickelt, dabei benutzen wir die üblichen Marktforschungsinstrumente."
Hans Gerhard Riotte vom BMBF sieht in der detaillierten Analyse der Delphi-Ergebnisse einen großen Nutzen für Unternehmen: "Wir wissen, daß Großunternehmen wie die BASF die Studien für ihre Zwecke analysiert haben."


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